DUM NR. 65

THEMA: VORSATZ
Mit: Teresa Präauer - Interview * Thomas Ballhausen * Angelika Polak-Pollhammer * Christoph Bruckner * Verena Mermer * René Steininger * Ingrid Ratheiser * Isabella Breier * Wilhelm Hengl * Mario Keszner * Rainer Wedler * and pawe * Harald Vogl * René Bauer * Annemarie Regensburger * Ekaterina Heider * Anastasia Vybornova * Marion Weber * Karoline Kuttner * Valerie Melichar * Eva Stadlbauer * Mila Jovanovic * Der Wortvertreter

Rezensionen: Teresa Präauer - Für den Herrscher aus Übersee * Vea Kaiser - Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam

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DUM-Interview: "Wortfundstücke aus ferner Zeit und fremden Ländern" mit Teresa Präauer


Leseproben aus DUM 65:

NOTIZEN FÜR GESCHICHTEN, DIE ICH 2013 VIELLEICHT (WAHRSCHEINLICH ABER NICHT) SCHREIBEN WERDE
(Valerie Melichar)
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Voller Geschmack, fast ohne Fett
Als die Dame mittleren Alters eines Abends im Fernsehen Werbung schaute, da fragte sie sich ernsthaft, wie dieser verschlissene Körper, den sie da um die Knochen trug, noch ein weiteres halbes Leben überstehen sollte. Es machte ihr Sorgen, so griff sie zum Hörer und bestellte sich frei Haus eine Familienpackung Vielleicht. Das Vielleicht ist kein Versprechen, dessen war sich die Dame schon bewusst, doch rückt es alle Versprechen in den Bereich des Möglichen, und genau dort wollte die Dame mittleren Alters hin.


DENKSCHLOSS
(Karoline Kuttner)

Der Daniel hat sich immer schon einmal vorgenommen, dass er irgendwann reich und berühmt wird. Und dieses Jahr ist der Vorsatz konkreter geworden, nämlich was den Zeitpunkt betrifft. Weil er hat sich das schon für in ein paar Monaten vorgenommen.
Weil das Jahr dann aus sein wird. In ein paar Monaten. Und das ist ganz logisch deswegen. Dass er sich dann beeilen muss.
Der Daniel ist groß, blond und schön. Er hat eine gute Aussprache und ist sehr beliebt in seiner Firma, wo er arbeitet und bei seinen Freunden, mit denen er die Freizeit verbringt. Die Mädchen mögen ihn eigentlich auch ganz gern. Und er kann sich wirklich nicht beklagen.
Alles in allem ist der Daniel ganz okay.
Und was er noch ist, ist nicht außerordentlich. Nicht ungewöhnlich. Sondern, und das hat ihn schon immer total fertig gemacht, weil er ist nämlich. Und da wird er dann immer traurig.
Mittelmäßig, der Daniel ist ein total mittelmäßiger Mann. In der Mitte. Mittendrin. Nicht oben, nicht unten, nicht links, nicht rechts. Nie extrem und nie enorm. Mittelmäßig.
Es ist furchtbar.
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CLARA
(Ekaterina Heider)

Clara hat aufgehört zu trinken.
Das hat sie schon sehr oft, aber nie für länger als drei Tage. Clara trinkt jetzt seit acht Tagen nicht. Auf ihrem Badezimmerspiegel steht 2.3.4.5.6.7.8.
Immer, wenn ich Clara sehe, ist sie ein anderer Mensch.
Immer, wenn ich Clara sehe, weiß ich, sie könnte jeder Mensch sein.
Clara ist jeder Mensch für mich, nur schöner und einzigartig.
Clara weint.
Sie weint laut, mit dem Kopf an meiner Schulter. Sie weint zehn Minuten lang, danach lacht sie wieder.
Die ersten zwei Tage konnte sie weder essen noch schlafen, sagt sie. Sie hat ihrer Mutter ihre ganze Kindheit und ihrem Freund eine vorgelogene Beziehung vorgeworfen.
Am dritten Tag hat sie sich dafür entschuldigt.
Am dritten Tag trank sie Brennnesseltee und strich sich immer auf dem Boden sitzend über die Augenbrauen.
Clara will keine Menschen sehen, sagt sie, nur mich. Clara trinkt achtzehn Gläser Wasser am Tag. In jedes vierte mischt sie einen Teelöffel Kieselerde unter.
Kieselerde schmeckt nach Staub und die Zähne fühlen sich matt und trocken an davon.
Kieselerde entgiftet, sagt sie.
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WAS ICH HEUER UNBEDINGT NOCH MACHEN WILL
(Harald Vogl)

(ein vorsatz-abc in vierteljahresschritten)
an bisweilen chaotisch dünkende ereignisse förmlich gelassen herangehen, im jetzigen kalenderjahr letztlich meine nerven ohne permanente querelen regenerieren, sobald tatsächlich unanständiges verhindert wie xantener youngsters zurufe.

auch bei chronischem durchfall ein festmahl geben, heiter in jäher katharsis leben, mit nonchalance ordinäre probleme quittieren, regelmäßig sieben tibeter und vermehrt wieder x-mal yoga zelebrieren.
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VORSÄTZE FÜR 2013
(Christoph Bruckner)

Einen Running Joke etablieren
In Wien eine weiße Taube finden
Mit dem Fahrrad am Gehsteig fahren bis mich ein Kind anschreit
Ein wichtiges Datum vergessen
Die Blumen im Hof vom Fenster meiner Wohnung aus gießen
Meinen Fernseher küssen
Mich über meinen physischen Körper hinaus entwickeln
An ungeraden Tagen verschiedene Socken tragen
Zeugnis ablegen
Ein Glas Wasser im Kopfstand trinken
Über die Überfischung der Meere nachdenken
Den faschistischen Gruß als Abbiegezeichen beim Radfahren verwenden
Mein Bett nach einer Farbtheorie beziehen
Den Wirtschaftsteil der Zeitung lesen
Ein Sandwich an die Wand nageln
Meine Bücher nach autobiographischen Gesichtspunkten ordnen
In einen Kinderwagen aschen
Meine Einkäufe so berechnen, dass die Summe 5, 10, 20 oder 50 Euro ergibt
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