ZEIT DER IDIOTEN

AUTOR: BERNHARD MOSHAMMER
REZENSION: WOLFGANG KÜHN
Debütromane gibt es wie Sand am Meer. Kaum eine Woche, daß man als Herausgeber, als Literaturveranstalter nicht auf die Neuerscheinung der Saison, die Sensation des Bücherfrühlings, das Debüt des Bücherherbstes hingewiesen wird mit einer Penetranz, die schon von Haus aus Schlimmes vermuten läßt. Und selten trügt dieses Gefühl, vor allem dann nicht, wenn der Autor, die Autorin höchstpersönlich jenes Opus Magnum anpreisen.

Aber es geht auch anders. Selten aber doch kommt es zum Glück auch anders. Und man entdeckt ein kleines Juwel, ohne darauf explizit hingewiesen zu werden. So geschehen dank der Herbstvorschau des rundumerneuerten Milena-Verlages, der sich seit kurzer Zeit auch der männlichen Hälfte der schreibenden Zunft geöffnet hat. Von einem Debütroman eines gewissen Bernhard Moshammer war da zu lesen und ich gebe zu, der Titel hat mich aus Gründen der immerwährenden Aktualität magisch angezogen - "Zeit der Idioten". Und dann ist alles sehr schnell gegangen - ein kurzes Mail, eine rasche Antwort und ein paar Wochen später die Druckfahnen und ein neuer (niederösterreichischer) Autor ward entdeckt!

Acht Rucksackattentate überlebt

"Zeit der Idioten" spielt in dem 1.200 Seelen-Ort Bölling in der niederösterreichischen Pampa nahe St. Pölten, die Assoziation mit Böheimkirchen liegt nahe, aber es könnte natürlich auch Pressbaum oder Neulengbach gemeint sein. Bölling jedenfalls ist überall, das erkennt man schon nach wenigen Seiten. Hauptfigur des Romans ist Cornelius Fink, der als einziger das erste einer Reihe von insgesamt acht Rucksackattentaten überlebt hat. Nach dem Tod seiner Mitbewohnerin zieht der Protagonist des Romans gemeinsam mit deren pubertierender Tochter wieder zurück in die Böllinger Provinz und muß mit zunehmender Fortdauer des Romans erkennen, daß er den Rucksackbombern ähnlicher ist als ihm lieb ist.

Cornelius Fink, ein arbeitsloser und erfolgloser Songwriter, ist neben dem drittklassigen Kabarettisten Franz Gstettner, seines Zeichens erster Rucksackbomber, und dem erfolglosen Rockstar Hansi Firngruber, genannt "Snake", eine von drei Böllinger Romanfiguren, die dem Klischee des brotlosen Künstlers perfekt entsprechen. In einer einfachen, weder gekünstelten, noch anbiedernden Sprache wird vom Loser-Leben des Cornelius Fink erzählt - daß der 1968 in St. Pölten geborene Bernhard Moshammer selbst Musiker ist, kann nicht nur zwischen den Zeilen herausgelesen werden und doch ist es nicht so, daß da ein Autor daherkommt, der dem Leser, der Leserin ständig vor Augen hält, wie wenig sie selbst eine Ahnung von Musik haben. Das macht auch den Autor auf Anhieb symphatisch - sein Protagonist ist es sowieso, denn einen Loser wie Cornelius Fink nicht zu mögen, fällt uns schwer.

Fazit: Unterhaltsames Roadmovie über die (nieder-)österreichische Provinz, das sich nicht einer Wolf-Haas-schen oder sonstigen Sprache anbiedern muß, um zu überzeugen.

BERNHARD MOSHAMMER, ZEIT DER IDIOTEN, Milena Verlag, 2009, ISBN 978-3-85286-179-1