DER TEUFEL HAT DEN BLUES VERKAUFT

AUTOR: MARTIN DRAGOSITS
REZENSION: WOLFGANG KÜHN
Schon einmal gezockt in einem Nullsummenspiel?
Können stumpfe Messer wählen, was sie tun?
Ist ein Herzinfarkt am Strand gerecht?


Martin Dragosits und seine Lyrik warten mit vielen Fragen auf, "meine Antworten", erklärt er im Gedicht "Fischteich, (vom Rezensenten etwas aus dem Zusammenhang gerissen), "sind kleine Fische im Vergleich zu den Fragen …"

Doch Martin Dragosits stellt nicht nur schöne Fragen, er formuliert auch schöne Sätze wie "Veränderung ist die einzige Konstante" oder "Jede Wüste hat ein Ende an dem Wasser entspringt" oder der vielleicht schönste Satz des Buches "Das Bildnis der Eltern ist eine selbst gefaltete Papierschlange". Der rote Faden, der sich durch die 139 Gedichte in "Der Teufel hat den Blues verkauft" (schönes Cover!) zieht, ist - abgesehen von den vielen offenen Fragen -, dass es eigentlich keinen solchen gibt. Der Autor zeitreist durch die Geschichte wie ein Besessener. Mal befinden wir uns in Troja, mal begegnen wir Lee Harvey Oswald, dann wieder Robin Hood (auf den Vierzeiler am Schluss könnte man verzichten!) oder Egon Schiele (eines der besten Gedichte!) oder vielen anderen …

Ganze Geschichten in Gedichten

Aus der Biographie des Autors, Geburtsjahr 1965, erfahren wir, dass er nach anfänglichen literarischen Versuchen und einer anschließenden, berufsbedingten Schreibpause von fünfzehn Jahren, sich seit 2002 wieder vermehrt dem Schreiben widmet - wenig verwunderlich, dass die Zeit, die neben Beruf (Projektmanager und Teamleiter in der Informatik eines Finanzdienstleiters) und Familie (verheiratet, zwei Kinder) bleibt, "nur" für kurze Formen, sprich Gedichte reicht: Das merkt man den Gedichten auch an, nein, nicht negativ, denn Martin Dragosits versucht mitunter ganze Geschichten in seine Gedichte zu packen, wohl auch, weil ihm einfach die Zeit fehlt, diese Geschichten in episch breiter Form wieder zu geben.

Inhaltlich gewähren uns die Gedichte, wenn der Autor nicht gerade durch die Geschichte düst, eher einen Einblick in seine Berufserfahrungen, denn in sein Privatleben. Nur ganz selten, wie in "Versuche ein Gedicht zu schreiben" erfahren wir etwas aus dem Privatleben des Autors. Der "steife Schwanz" im Gedicht "Rollenverhalten" wirkt da fast verloren. In vielen Gedichten schimmern Begriffe wie Gesetz, Norm, Physik, Chemie oder Wirtschaft durch, Gefühle werden (leider) oft nur aus der Ferne vermittelt, dabei könnte es der Autor ganz gut. Denn wer wagt schon "In mir ist Sternenstaub" von sich zu behaupten?

Hat Karma ein Ablaufdatum?
Mit welchen Mitteln will ich mich erreichen?
Wem nützen meine Gedichte?


MARTIN DRAGOSITS, DER TEUFEL HAT DEN BLUES VERKAUFT, Arovell Verlag, 2007, ISBN 978-902547446